Werbung | Rezensionsexemplar

Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen:
Unzählige Reihen von Bücherregalen, die bis an eine sternenhimmelhohe Decke reichen, voll mit dem verloren geglaubtem Wissen von jahrtausendealten Forschungen, die dunklen Schatten gefährlicher Geheimnisse zwischen den Seiten verborgen; sechs ebenso geniale wie verdorbene, welkende Geister auf der Suche nach ihrer Erfüllung. Zugegebenermaßen war das jetzt vielleicht etwas sehr überdramatisch-poetisch, aber so ungefähr wirkte The Atlas Six – Wissen ist tödlich auf mich. Also ja, ich hab’s geliebt. Und falls euch eine solche Geschichte auch interessiert, dann lest gerne weiter, während ich versuche, meine verknoteten Gedanken zu diesem Buch in eine zumindest annähernd sinnvolle Form zu bringen.


Klappentext:

Die Bibliothek von Alexandria ist niemals untergegangen, sie verwahrt im Verborgenen seit Jahrtausenden die dunkelsten Geheimnisse der Menschheit. Alle zehn Jahre bekommen die talentiertesten Magier*innen ihrer Generation die Möglichkeit, das uralte Wissen zu studieren: Jene, die die Initiation überstehen, erwarten ungeheurer Reichtum, Macht und Weisheit. Doch von den sechs Auserwählten werden nur fünf überleben.

Dieses Mal sind mit dabei: Libby Rhodes und Nico de Varona, zwei begnadete Physiomagier von der New York University of Magical Arts, die einander nicht ausstehen können. Die Telepathin Parisa Kamali und der Empath Callum Nova, beide Meister der Manipulation. Tristan Caine, der zynische Sohn eines Londoner Gangsters, der jede Illusion durchschauen kann, und Reina Mori, eine mysteriöse Naturmagierin aus Japan.
(Quelle: https://www.fischerverlage.de/buch/olivie-blake-the-atlas-six-9783596707638)


Meine Meinung:

Ich würde ja sagen, dass man von diesem Buch einiges erwarten kann, allerdings keine liebenswerten Charaktere. Und das stimmt irgendwie auch, immerhin bewegen sich die Handlungen der Protagonist*innen nicht selten im moralisch … tief dunkelgrauen Bereich. Auf der anderen Seite habe ich Figuren wie Libby oder auf eine unerklärliche Weise sogar Parisa in mein Herz geschlossen. Obwohl dieser Begriff nicht wirklich passt, denn sympathisch ich Parisa nun wirklich ebenso wenig wie ich sie und so ziemlich jeden anderen Charakter dieser Geschichte als vertrauenswürdig bezeichnen würde. Dieser Zwiespalt ist es aber auch, der das Buch so genial macht. Er zieht sich durch verschiedenste Aspekte der Story und sieht in Bezug auf die Personen eben so aus, dass mensch hier die persönlichen Tragödien kaputter und verderbender Genies und zugleich ihren Aufstieg zur Göttlichkeit beobachtet; sie dabei ebenso bewundert und bemitleidet wie hasst und fürchtet.

Ich kann wahrlich nicht erklären, wie Olivie Blake es geschafft hat, aus diesen sechs Kreaturen eine Art Familie zu machen. Denn es ist sicherlich keine Familie, deren Mitglieder sich gegenseitig lieben und unterstützen. Vielmehr kann niemand – auch der*die Leser*in nicht – irgendjemandem trauen, jede*r steht kurz davor, bei der Balance zwischen Genie und Wahnsinn das Gleichgewicht zu verlieren und die übrigen Kandidat*innen sind die ersten, die dich in den Abgrund stürzen. Und trotzdem würde ich diese Gemeinschaft auf eine bizarre Art und Weise als Found Family bezeichnen – wie war das nochmal mit der “sinnvollen Form”?

Zwiegespalten war ich hier auch, was den allgemeinen Leseprozess betrifft: Einerseits wollte ich wirklich langsam lesen, um die Geschichte ja nicht zu beenden – und andererseits hatte ich nicht einmal das Gefühl, das Ganze könnte überhaupt ein Ende haben. Ich war meistens so sehr darin gefangen, dass es gar nicht realistisch schien, dieser Fluss von Worten, der mich derart mitgerissen hatte, könnte irgendwann versiegen. Dass mensch gleichzeitig die wahrsten, am tiefsten vergrabenen Emotionen und Gedanken der Protagonist*innen miterlebt und doch weiß, dass mensch niemanden gut genug kennt, um den erzählenden Figuren trauen zu können, das macht das Lesen von The Atlas Six zu einer absolut einnehmenden Erfahrung.

Dabei passiert von außen betrachtet doch gar nicht so viel. Der Handlungsort wechselt sich kaum. Dieselben sechs Charaktere sitzen die meiste Zeit im selben Gebäude fest, vollziehen immer (wieder) dieselbe Handlung: Sie lernen. Sie verwelken und sie wachsen. Ins Unendliche.
Was sich aber ändert, das sind die Fachgebiete. Das Jahr, von dem der erste Band der Reihe erzählt ist zusammengesetzt aus Schwerpunkten, die zunächst unabhängig voneinander zu sein scheinen, verschiedenen Kandidat*innen unterschiedlich gut liegen: Wahrheit, Raum, Denken, Zeit. Wie tief kann der menschliche Geist graben, in solche undurchsichtigen, unwirklichen Dinge, auf denen alles aufgebaut ist?
Diese Aspekte, die eine Art roten Faden der Story bilden, finde ich unfassbar spannend und die Beschreibung des Lernens sehr interessant. Hier findet sich aber auch mein einziger „Kritikpunkt“. Der ist allerdings in Anführungsstrichen, weil es nichts ist, was ich dem Buch so richtig anlasten kann, denn es macht das Ganze nicht schlechter. Ich persönlich hätte nur einfach nichts dagegen gehabt, würde The Atlas Six ein wenig mehr Beschreibungen des Vorgangs des Lernens und studierten Magiesystems beinalten. So werden oft große Zeitspannen übersprungen, in denen Dinge geschehen, über die ich gerne noch Detaillierteres erfahren hätte. Das ist der klitzekleine Funke, der mir hier zu einem Fünf-Teetassen-Buch gefehlt hat. Das Magiesystem, ein Zusammenspiel aus verschiedensten Wissenschaften und Übernatürlichem, das aber möglicherweise doch die Natur selbst darstellt, ist so vielschichtig und spannend, dass ich es gerne noch tiefgehender erkundet hätte. Andererseits hat die Autorin die Entscheidung, ihre Geschichte auf genau diese Weise zu erzählen, sicherlich bewusst getroffen und das bestimmt nicht falsch.

Mein Fazit:

Im Großen und Ganzen habe ich The Atlas Six – Wissen ist tödlich einfach nur geliebt. Die Geschichte ist packend, faszinierend, atmosphärisch und einzigartig: Perfekt für die kalten Monate ebenso wie jeden anderen Zeitpunkt, an dem mensch vollkommen in ein (oder zahlreiche) andere(s) Leben eintauchen möchte – das allerdings mit voller Aufmerksamkeit, denn ich bin sicher, dass ich, würde ich das Buch gleich noch einmal lesen, noch einiges erfahren würde, das mir beim ersten Durchgang entgangen ist. Also ja, eine Empfehlung.


Informationen zum Buch:

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Titel: The Atlas Six – Wissen ist tödlich

Originaltitel: The Atlas Six

Autor*in: Olivie Blake

Übersetzung: Heide Franck, Alexandra Jordan

Verlag: FISCHER Tor

ISBN: 9783596707638 (Hardcover); 9783104916101 (E-Book)

Preis: 22,00 € (Hardcover); 14,99 € (E-Book)

Meine Altersempfehlung: ab 15/16 Jahre


Disclaimer:

Die Rechte am abgebildeten Buchcover liegen beim Verlag.