Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
auf der Suche nach Jugendbüchern über und mit genderqueeren Charakteren ist mir I Wish You All the Best immer mal wieder aufgefallen. Dennoch war es die Tatsache, dass der Katalyst Verlag eine deutsche Übersetzung des Romans, Ich wünsch dir nur das Beste, veröffentlicht hat, die mich dazu gebracht hat, Bens Geschichte endlich zu lesen.


Klappentext:

Als Ben De Backer sich gegenüber den Eltern als nicht-binär outet, wird Ben aus dem Haus geworfen und hat keine andere Wahl, als bei der entfremdeten älteren Schwester einzuziehen. Ben kämpft mit einer Angststörung, die durch die Ablehnung der Eltern noch verstärkt wird, und offenbart sich nur einer Handvoll von Menschen. Aber Bens Versuche, unbemerkt die letzte Hälfte des Abschlussjahres zu überstehen, werden vereitelt, als Nathan Allan, ein lustiger und charismatischer Mitschüler, beschließt, Ben unter seine Fittiche zu nehmen. Während die Freundschaft von Ben und Nathan wächst, entwickeln sie Gefühle füreinander, und was als Katastrophe begann, entpuppt sich nun als Chance, ein glücklicheres neues Leben zu beginnen. (Quelle: www.katalystverlag.de)


Meine Meinung:

Ich wünsch dir nur das Beste beginnt schon sehr schmerzhaft. Besonders wenn man – wie ich – den Klappentext nicht vollständig gelesen hat, kann man zunächst nicht ganz fassen, wie die Eltern auf Bens Outing reagieren. Es geht alles sehr schnell: Ben fasst allen Mut zusammen, öffnet sich nach langem Hadern – Zeitsprung – Ben steht in Socken an einem öffentlichen Telefon. Also ja, die Story beginnt ziemlich erschütternd und ziemlich emotional. Man spürt Bens Schock und wie irreal das Ganze zunächst wirkt.

Umso schöner ist es aber, den Rest des Buches zu lesen. Dabei ist es keinesfalls so, dass Ben bei Hannah sofort ein neues Zuhause findet und plötzlich ist alles super. Natürlich nicht. Vielmehr stellt die Geschichte eine Zeitspanne des Ankommens (und des Klarkommens) dar. Dabei geht es nicht nur darum, das aufzuarbeiten, was zuvor schiefgelaufen ist, sondern auch darum, herauszufinden, was für Ben richtig ist.

Besonders hat mir in dem Zusammenhang gefallen, dass Ben früh in der Geschichte die erste Therapiesitzung hat und wir auch diese Reise miterleben. Zunächst lässt sich Ben nämlich nur auf Drängen der Schwester darauf ein. Ben merkt aber mit der Zeit, was Therapie bringt, und auch, wo es hapert. Ähnliches geschieht in der Schule: Es ist ein Ort, an dem verschiedene (Problem-)Felder aufeinandertreffen, und einer, an dem Ben auf unterschiedlichste Weise ein Zuhause findet. Egal ob im Kunstraum oder zwischen neu gefundenen Freund*innen in der Mensa.

Ich wünsch dir nur das Beste ist also ganz klar eine Geschichte übers Erwachsenwerden, übers Zulassen und Öffnen gegenüber sich selbst und anderen. Das ist, wodurch sich Ben hier Stück für Stück arbeitet. Ben muss mit Vergangenem, Zukünftigem und dann auch noch Gegenwärtigem klarkommen (zugegebenermaßen sehr stressig). Es prasselt also so Einiges auf Ben ein. Dass Ben sich da nicht immer einhundert Prozent korrekt verhält, ist absolut verständlich. Schön wäre es aber, wenn auch darüber mehr geredet würde. Zum Teil hatte ich nämlich das Gefühl, Ben wäre eine Person, die immer alles richtig macht und deren Konflikte nur von den Fehlern anderer herrühren. Dabei fällt mir diese Kritik ein wenig schwer, denn immerhin erfährt Ben viel Schlechtes durch die Mitmenschen, wird oft unfair behandelt. Nur reagiert Ben manchmal eben auch unfair. Wieso kann darüber nicht auch reflektiert werden?

Man sieht also: Ich wünsch dir nur das Beste fokussiert sich sehr auf Gedanken und Gefühle, weniger auf eine spannende, ereignisreiche Handlung. An sich hat mich das gefreut. Immerhin ist das Innenleben einer Person meistens aufgewühlt genug, da braucht es nicht immer 47 Handlungsstränge drum herum. Allerdings müssen Gefühle beim Lesen auch rüberkommen, besonders wenn sie das Zentrum des Geschehens sind – und in dieser Hinsicht ist Ich wünsch dir nur das Beste in meinen Augen ausbaufähig. Ben erzählt uns viel über die eigenen Empfindungen. Der Schreibstil zeigt, übermittelt sie aber kaum.

So auch, was die Liebesgeschichte betrifft: Ich denke, man kann eigentlich nicht anders, als Nathan (den Love-Interest) zu lieben. Er hat eine charismatisch-laute, zugleich aber einfühlsam-rücksichtvolle, tiefsinnige Art, der sowohl der*die Leser*in als auch Ben verfällt. (Und er hat eine Schwäche für Literatur, was will man mehr??) Dass Ben sich in Nathan verliebt, ist also absolut nachvollziehbar, und andersherum genauso. Von außen betrachtet ist ihre Lovestory zuckersüß und schön, nur hätte ich sie eben mehr von Innen gesehen. Trotzdem ist die Beziehung zwischen Ben und Nathan ein herzerwärmender Kontrast zu allem Negativen, mit dem sich Ben herumschlagen muss.

Mein Fazit:

Dieses Buch hat mich unterhalten, ich hatte eine gute Zeit, und habe mich den Charakteren verbunden gefühlt; hiervon gerne ein wenig mehr, wie geschrieben. Alles in allem ist Ich wünsch dir nur das Beste aber eines dieser Jugendbücher, von denen wir unbedingt mehr brauchen, weil sie es sowohl möglich machen, sich auf die ein oder andere Art und Weise mit den Figuren zu identifizieren, in ihnen ein Zuhause zu finden, als auch Einblicke in andere Lebensrealitäten geben.


Informationen zum Buch:

Titel: Ich wünsch dir nur das Beste

Originaltitel: I Wish You All the Best

Autor*in: Mason Deaver

Übersetzung: Charlotte Milsch

Verlag: Katalyst

ISBN: 9783949315275

Sprache: Deutsch

Preis: 22,00€ (Hardcover)

Seiten: 384


Disclaimer:

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