Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
man möchte ja meinen, so ein Beitrag, in dem es um die Bücher geht, die man im Jahr 2022 gelesen hat, könnte erscheinen, bevor das nächste Jahr schon fast wieder rum ist. Naja, scheinbar nicht. Da meine Liebe zu den genialsten Geschichten, die ich letztes Jahr erleben durfte, über die letzten drei Monate aber keinesfalls geschmälert wurde und Buchempfehlungen ja eigentlich immer gehen, hoffe ich aber einfach mal, dass es nicht allzu schlimm ist, dass dieses Posting erst Ende des ersten Quartals des Jahres 2023 erscheint. Also, viel Spaß beim Lesen!


Radio Silence, I Was Born for This und Loveless von Alice Oseman

Alice Oseman ist bereits in 2021 durch die Heartstopper-Reihe und Solitaire zu einer absoluten Lieblingsautorin geworden, letztes Jahr habe ich aber endlich auch ihre übrigen Romane gelesen und ebenso geliebt. Die Art, wie Alice Oseman Repräsentation schafft und Themen wie mentale Gesundheit bzw. Krankheiten, aber auch Liebe, Freundschaft, Jugend etc. sensibel, nachvollziehbar, fühlbar behandelt, hat mich einfach sehr begeistert – besonders, weil romantische Liebesgeschichten meist nicht im Mittelpunkt stehen – und wenn, dann nicht ausschließlich. Denn obwohl ich Lovestorys an sicher sehr gerne lese, hatte ich das Gefühl, eben durch ihre Abwesenheit (in der zentralen Position) von umso interessanteren, vielschichtigeren und sympathischeren Charakteren zu lesen. Der Komparativ lässt diese Aussage vielleicht etwas zu verallgemeinernd wirken, deshalb möchte ich noch hinzufügen: All diese Aspekte wirken vielleicht nicht unbedingt mehr oder „besser“, aber erfrischend und ergreifend anders.
So habe ich in Alice Osemans Geschichten einige comfort characters oder sogar comfort friendships / found families gefunden und freue mich, sie noch einmal und noch einmal und noch einmal zu lesen, zu erleben.

The Song of Achilles von Madeline Miller

Ganz ehrlich, bestand überhaupt je die Möglichkeit, dass ich dieses Buch nicht lieben würde?? Bereits in 2021 wurde ich dank Rick Riordan in das Universum der Retellings griechischer Sagen hineingezogen und Madeline Millers Circe hat das Ganze nur noch verschlimmert. Also ja, dass ich The Song of Achilles ebenso lieben würde, war schon lange vor dem Lesen klar.
Ich denke nicht, dass es viele Menschen gibt, die noch nichts von diesem Kunstwerk gehört haben, aber das hält mich nicht davon ab, selbst noch einmal davon zu schwärmen: Die Sage des trojanischen Kriegs mit einem Fokus auf dem bekannten Helden Achilles noch einmal zu erzählen, klingt ja erstmal wenig kreativ. Madeline Miller hat es allerdings dennoch geschafft, es aus einem anderen Blickwinkel, auf eine ganz eigene, faszinierende Art und Weise zu tun. Nicht nur ihr Schreibstil hat mich mehr als eine Post-It-Palette gekostet, auch wie sie mit bereits existierenden Figuren und Geschichten einen einzigartigen Roman erschafft, der nicht nur fesselt, sondern vor allem zerstört – ja, einfach ja. The Song of Achilles hat so ziemlich jede menschenmögliche Emotion in mir hervorgerufen und ich hab’s geliebt.

Ariadne und Elektra von Jennifer Saint

Mit Madeline Miller wurde ich unwiderruflich in die Welt der feministischen Greek Mythology Retellings gezogen und habe somit auch zu Jennifer Saints Büchern gegriffen – was zu zwei neuen Lieblingsbüchern führte. Elektra erzählt ebenfalls die Sage des Kriegs um Troja, allerdings aus der Sicht dreier verschiedener Frauen, die definitiv nicht im Fokus der „originalen“ Geschichte stehen, deren Stimmen in meinen Augen aber um einiges spannender sind als die sich gegenseitig abschlachtender Männer. Statt dem berühmten Heerführer Agamemnon zu folgen, lesen wir von seiner Ehefrau Clytemnestra, die auf Rache sinnt und von seiner Tochter Elektra, die ihn verehrt wie niemanden sonst. So ist Elektra die Geschichte einer verfluchten Familie, ebenso aber die eines Mädchens, das weiß – wissen muss – und nicht gehört wird. Bei der dritten Protagonistin des Buches handelt es sich nämlich um Cassandra, eine Priesterin Apollos, die dieser zum Wissen über die Zukunft, ebenso aber zur Machtlosigkeit verdammt wird.
Ariadne erzählt die Sage, die wir als die von Theseus und dem Minotaurus kennen, allerdings folgen wir natürlich nicht ihm, sondern der kretischen Königstochter Ariadne, sowie deren Schwester, die unter seinen Taten zu leiden haben, deren Geschichte aber sicherlich weit über die des (sogenannten) Helden hinausgeht.
Beide Bücher haben mich absolut begeistert und sowohl mein Interesse als auch meine Gefühle mit sich gerissen. Dementsprechend kann ich es kaum noch erwarten, bis dieses Jahr Atalanta von Jennifer Saint erscheint.

Lore von Alexandra Bracken

Um unseren Themenblock bezüglich griechischer Mythologie für heute zu beenden: Mit Lore hat Alexandra Bracken ein Jugendfantasybuch voller Action und Betrug, voller mitreißender Kampfszenen und ebenso wütender wie mächtiger Charaktere uuund genialem Weltenaufbau basierend auf der Welt der griechischen Gött*innen und Held*innen verfasst.
Dieser Roman setzt die Mythen ganz anders um als die Bücher von Jennifer Saint oder Madeline Miller, allerdings ebenso begeisternd. Der Fokus liegt auf Spannung, Intrige und Unvorhersehbarkeit, die Geschichte ist ganz neu. Dennoch kommen auch Gefühle verschiedenster Art und höchster Intensität nicht zu kurz, aber eben auf eine andere Art und Weise.

Last Night at the Telegraph Club von Malina Lo

Dieser historische Jugendroman ist informierend auf der einen Seite, besonders hat die Geschichte von Lily und Kath aber meine armen Gefühle durcheinandergebracht, sowie meinem ebenso armen Herzlein einen ziemlichen Schaden zugefügt. Das Buch erzählt von der Gesellschaft der 1950er Jahre in den USA, ebenso wie es die Erzählung Jugendlicher und ihrer Liebe, ihrer Probleme und Ängste, ihres Erwachsenwerdens darstellt. Mein größter Fehler war es wohl, das Ganze ohne Post-Its zu lesen … Und das neue Buch der Autorin, A Scatter of Light, noch immer nicht gelesen zu haben. Davor habe ich nämlich sowohl Angst als auch freue ich mich unheimlich darauf, ohne zu wissen, worum es überhaupt geht. (AAber auf dem Klappentext steht, dass Lily und Kath hier auch wieder eine Rolle spielen, wenn es auch nicht die Hauptrolle ist – ich kann es kaum erwarten!)

The Picture of Dorian Gray von Oscar Wilde

Irgendwie habe ich das Gefühl, es ist ziemlich unnötig, noch über dieses Buch zu schreiben. Immerhin scheint so gut wie jede Person, die es je in die Hand genommen hat, das bekannteste Werk Oscar Wildes zu lieben – und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Dass der Schreibstil dieses Autors, sowie mehr oder minder jeder Satz, der sich in besagtem Buch befindet, absolut genial ist, ist wohl bereits klar, ebenso wie die Tatsache, dass Oscar Wilde nicht nur moralisch … dunkelgraue Charaktere, die man ebenso sehr hasst wie von ihnen fasziniert ist, sondern auch eine Geschichte erschaffen hat, die unterhält, aber auch viel Raum für Gedanken und Gedankenknoten bereithält. Auf eine gewisse Prise Sexismus kann natürlich auch in diesem Klassiker nicht verzichtet werden, das möchte ich noch erwähnen. Dennoch ist The Picture of Dorian Gray im Großen und Ganzen ein ziemliches Meisterwerk.


Neben diesen Erzählungen, für die ich nichts als Liebe übrighabe, gibt es natürlich noch eine Vielzahl anderer Werke, die mich während des Lesejahres 2022 absolut überzeugt, begeistert, berührt haben. Deshalb möchte ich hier noch eine kleine, stichpunktartige Liste an honourable mentions anfügen, denn obwohl diese Bücher in meinen Augen nicht zu 100% an die vorangegangenen rankommen, kann und will ich sie unter keinen Umständen vollkommen unerwähnt lassen:

Fantasy

  • Das neunte Haus von Leigh Bardugo (Ich liebe diese Frau und alles, was sie geschrieben hat. Der einzige Grund, dass dieses Buch nicht bei meinen Highlights steht, ist der, dass es definitiv kein Jugendbuch geht und gleichzeitig in Richtung Fantasy-Horror geht, was mich dezent verstört hat. Ich will trotzdem Band zwei lesen, danke.)
  • Tochter der Tiefe von Rick Riordan (spannendes Middle-Grade at its best, mitsamt genialen, sympathischen Charakteren und einem wortwörtlichen Meer an Geheimnissen und Abenteuern)
  • Die Verlobten des Winters von Christelle Dabos (atmosphärisch-phantastisch, geheimnisvoll-mysteriös, charakteristisch-eigensinnig)
  • Die Goldenen Wölfe (+ Folgebände) von Roshani Chokshi (atmosphärisch-phantastisch auf eine ganz andere Art, Charaktere, die ans Herz wachsen und deren Geschichten man nicht nicht voller Herzblut miterleben kann)
  • Alea Aquarius – Die Wellen der Zeit von Tanya Stewner (es ist Alea Aquarius, was soll man schon erwarten?)
  • Legends & Lattes von Travis Baldree (ich weiß, ich kann nicht nochmal „atmosphärisch-phantastisch“ schreiben, aber naja … dieses Buch ist eben die Inkarnation von Gemütlichkeit, gemischt mit einer Prise Abenteuer, getunkt in warmen Kaffee)
  • Uprooted von Naomi Novik (Fantasy at its best (was auch immer das bedeuten soll): nicht immer sympathische, aber spannende Protagonistin, durchgehende (An-)Spannung und Gefahr, magische Stimmung, aber nicht ohne bedrohlichen Unterton – ja!!)

Romance & Contemporary

  • Dunbridge Academy – Anywhere von Sarah Sprinz (Band zwei war leider nicht mehr ganz meins und Band drei habe ich immer noch nicht zur Hand genommen – aua -, aber die Geschichte von Emma und Henry ist wirklich nur ganz knapp an der Fünf-Teetassen-Marke vorbeigeschrammt.
  • Like Water In Your Hands von Mehwish Sohail (gefühlvoll, aber nicht kitschig, voller Gedanken, Träume, Wünsche – eine reflektierende und ebenso persönliche Geschichte über Liebe und einiges mehr)
  • She Drives Me Crazy von Kelly Quindlen (kurzweilig, süß, berührend – die perfekte Romance-Story für den Sommer und eigentlich jeden anderen Zeitpunkt)
  • Die Sonne, so strahlend und Schwarz von Chantal-Fleur Sandjon (poetisch, emotional, voller Liebe und Schmerz, echt – so wenig authentisch diese Beschreibung auch klingen mag)
  • Die beste Zeit ist am Ende der Welt von Sara Barnard (einzigartig-einnehmende Atmosphäre, die dich noch mehr mitreißt, als es die emotional-fesselnde Erzählung sowieso schon tut)

Das waren jetzt schon echt viele extra Erwähnungen und ehrlich gesagt hätten es auch gut und gerne noch zehn weitere sein können. Allerdings reicht es wohl mittlerweile auch mal, also vielen Dank fürs Durchlesen! Ich freue mich auf jeden Fall auf ein weiteres Jahr voller Highlights (bzw. Dreivierteljahr, ups) und hoffe, auch ihr habt Bücher gefunden, die euch begeistern konnten oder findet in diesem Beitrag Empfehlungen, die euch überzeugen können.


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