Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
ja, ich weiß, im letzten Beitrag ging es bereits um eines von Alice Osemans Jugendbüchern, aber Loveless hat mir einfach sehr viel Lust gemacht, gleich noch mehr von der Autorin zu lesen. Also habe ich in den letzten Tagen die beiden Romane von ihr gelesen, die mir noch fehlten. Dementsprechend gibt es hier wohl etwas Alice-Oseman-Spam … Aber naja, bei einer so grandiosen Autorin ist das ja keine Schande. Hier also meine Rezension zu Radio Silence.


Worum geht es?

Frances einziger Charakterzug ist es, eine exzellente Schülerin zu sein, zu lernen bis zum Gehtnichtmehr und mit ihren tollen Noten bald nach Cambridge zu gehen. So zumindest sehen sie ihre Mitschüler*innen und „Freund*innen“. Ihre andere Seite, ihre nerdige, Fanart für ihren liebsten Webpotcast Universe City zeichnende Seite dagegen versteckt sie. Als dann jedoch der schüchterne und in sich gekehrte Aled in ihr Leben tritt, scheint sie mit ihm ihren Safe Space gefunden zu haben. Doch auch Aleds Leben ist alles andere als leicht und auf eine Weise mit Frances‘ verbunden, die sie dazu zwingt, sich der Vergangenheit zu stellen, wenn sie möchte, dass diese Freundschaft funktioniert, dass es ihrem besten Freund gut geht.


Meine Meinung:

Okay, also möglicherweise klang diese Inhaltsvorschau etwas eigenartig. Aber ganz ehrlich: Die braucht ihr eigentlich gar nicht. Radio Silence ist einfach viel zu vielschichtig, um in nur ein paar Sätzen zusammengefasst zu werden und das, obwohl es sich dabei eigentlich um ein vollkommen „normales“ Jugendbuch, einen erst einmal eher wenig hervorstechenden Coming-off-Age-Roman handelt. In meinen Augen ist Radio Silence aber so viel mehr, so viel besonderer (kann man das Wort „besonders“ überhaupt in den Komparativ setzen?) und ja, okay, das klingt gerade viel zu kitschig.

Jedenfalls konnte mich Radio Silence wirklich, wirklich überzeugen und das vielleicht sogar noch etwas mehr als Loveless, obwohl ich dieses Buch ebenfalls geliebt habe. Gründe dafür gibt es viele, ganz vorne dabei sind aber auf jeden Fall die Charaktere. Obwohl man in einer Coming-of-Age-Geschichte wohl kaum um gewisse Stereotype herumkommt, hat Alice Oseman es hier irgendwie geschafft, ihre Figuren vollkommen einzigartig, vielfältig und ebenso tiefgründig wie sympathisch zu erschaffen. Zwar fand ich beispielsweise Aleds Verhalten zum Teil etwas nervig, doch konnte ich es mit der Zeit doch immer mehr verstehen, fand es nachvollziehbar. Zumindest so nachvollziehbar, wie ich es als Person, die nie in einer solchen Situation war, finden kann.

Vor allem aber Frances hat es mir angetan. In vielen Dingen ist sie mir ähnlich, wodurch ich mich natürlich gut mit ihr identifizieren konnte, was ja auch bei Georgia in Loveless der Fall war. Und genau wie dort war es auch hier so, dass ich die Handlungen, Gefühle oder Einstellungen zu bestimmten Sachen, die ich nicht mit Frances teile, ebenso verstehen konnte. Ich schreibe das hier genau wie in jeder anderen Rezension zu einem von Alice Osemans Büchern, die ich bisher geschrieben habe oder noch schreiben werde, aber es ist nun einmal wahr: Die Charaktere oder eben vor allem die Protagonistin sind authentisch! Frances wirkt vollkommen wie ein actual human being, um hier mal kurz ins (D)Englische zu switchen.

Die Story fand ich aber ebenso toll. Nicht nur mochte ich die Grundidee bezüglich des Potcasts und fand beziehungsweise finde sie sehr interessant, auch wie sich die Geschichte von Seite zu Seite mehr entwickelt und das auf eine (Überraschung!) realistische Art und Weise, ist einfach klasse. Denn die Handlung ist nicht das Einzige, das voranschreitet. Klar, es war spannend, mitzurätseln, was als nächstes passiert oder wie das Ende aussehen wird. Bei einen Buch aus diesem Genre wäre mir das allein aber noch etwas wenig. Die Story eines „normalen“, fantay- / mystery- etc.-losen Jugendbuches ist nun einmal nicht unbedingt der Mittelpunkt des Buches. Die Spannung und der Suchtfaktor werden in Büchern aus diesem Genre nun einmal weniger durch den Plot und mehr durch die Charaktere erzeugt. So ist das zumindest für mich.

Dementsprechend ist mir hier vor allem das Character Development wichtig gewesen. (Ja, ich weiß, das ist eigentlich auch wieder (D)Englisch, aber wir sehen das einfach mal als ein Wort aus der buchigen Fachsprache, okay?) Und natürlich wurde ich nicht enttäuscht. Ich meine: Alice Oseman! Nicht nur war es einfach schön, zu sehen, wie die Protagonistin selbst immer mehr zu sich findet, auch bei Aled, sowie weiteren Nebencharakteren war das der Fall. Bei letzteren konnte ich das Ganze eigentlich genauso gut beobachten, beinahe ebenso mitfühlen, wie bei der eigentlichen Hauptperson. Ich konnte mit ihnen diese Reise machen, erleben. Und das die Autorin das hingekriegt hat, ist in meinen Augen wirklich ein Meisterinnenwerk. (Und dabei hat sie all das weitaus weniger kitschig und pathetisch getan, als ich diese Rezension schreibe. Sorry.)

Zum Schreibstil kann ich hier eigentlich nicht mehr viel sagen. Der ist in allen Büchern von Alice Oseman gleich gut und gleich flüssig zu lesen. Daher würde ich mich hier nur noch mehr wiederholen, als ich es sowieso schon tue. Wenn ihr also Genaueres über den Schreibstil wissen wollt, dann seht einfach bei meiner Rezension zu Loveless vorbei.

Mein Fazit:

Obwohl Radio Silence vielleicht kein Oh-Meine-Göttin-Ich-Werde-Diese-Geschichte-Mein-Ganzes-Leben-Nicht-Vergessen-Buch ist, ist es doch eines, das mich berührt hat, das zu einem Comfort Book für mich wurde und das sich so ganz klar einen Platz in meinem Herzen verdient hat. Also: Falls ihr dieses Buch oder vielleicht sogar noch überhaupt nichts von Alice Oseman gelesen habt, dann tut es jetzt!


Informationen zum Buch:

Titel: Radio Silence

Autor*in: Alice Oseman

Verlag: Harper Collins Publ. UK

ISBN: 0007559240

Preis: 8,89 €

Meine Altersempfehlung: ab 13 Jahre


Disclaimer:

Die Rechte am abgebildeten Buchcover liegen beim Verlag.