Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
mittlerweile ist es schon so weit gekommen, dass eine Freundin ein Buch von mir ausleiht und liest, während es noch auf meinem Stapel ungelesener Bücher liegt. Ja, wirklich. (Argh, mein SuB wird langsam echt zu groß!) Daher konnte ich nicht anders und musste Mein Leben als lexikalische Lücke bald darauf auch endlich lesen. Mal sehen, ob ich mich den Schwärmereien, die man von vielen Seiten hört, anschließen kann …
Worum geht es?
Jule will sich engagieren. Für Gendergerechtigkeit, für Antirassismus und vor allem für die Umwelt. Ihre Eltern dagegen stehen eher bei „Früher war alles besser!“ Dass Jule sich nun vegan ernährt und an Fridays-For-Future-Demonstrationen teilnimmt, sorgt so für ein hohes Konfliktpotential, nicht nur zwischen ihr und ihren Eltern, sondern auch was ihren Bruder betrifft. Um einem großen Streit aus dem Weg zu gehen, bleibt Jule eher ruhig, widerspricht nicht, wenn ihr Vater wieder respektlose Witze reißt oder ihre Mutter durchdreht, weil sie kein Fleisch mehr isst. Doch kann diese Taktik auf Dauer funktionieren?
Ben wollte eigentlich nach Holland, mit seinem besten Freund zusammen studieren. Seine Mutter aber macht das unmöglich, braucht ihren Sohn bei sich. So beschließt Ben, zunächst erst einmal ein Praktikum im Krankenhaus in der Nähe zu machen. Doch auch das entpuppt sich als weit schwieriger und belastender als zunächst gedacht. Wie weit seine und die Ansichten seiner Mutter im Bezug auf Religion auseinandergehen, erleichtert die Situation auch nicht unbedingt. Ben kann ihr seine Meinung nicht offen sagen, will sie nicht verletzten und seinen verschwundenen Vater kann er sowieso nicht zur Sprache bringen. Denn was, wenn es wieder so kommt, wie zu dem Zeitpunkt, als er seiner Mutter beizubringen versuchte, dass er ausziehen wolle?
Meine Meinung:
Zunächst hat mich Mein Leben als lexikalische Lücke eher enttäuscht. Es fiel mir leider ziemlich schwer, in die Geschichte hineinzufinden, ohne dass ich genau benennen könnte, was der oder die Gründe dafür war bzw. waren. Während des ersten Drittels konnte ich einfach kaum eine Bindung zu den Protagonist*innen aufbauen, auch wenn sie mir zu keinem Zeitpunkt unsympathisch waren.
Die Konflikte, mit denen sich die Charaktere konfrontiert sehen, konnten mich zu Anfang ebenfalls weder überzeugen noch haben sie dazu geführt, dass mich das Buch fesseln konnte. Stattdessen wirkten die Probleme auf mich, insbesondere was Jules Familie angeht, zu Anfang etwas zu konstruiert. Dieser Mangel an Authentizität, den es in meinen Augen im ersten Teil der Geschichte gibt, hat mich einfach sehr gestört. So hat sich das Ganze erst einmal sehr gezogen.
Irgendwann wurde es aber besser. Ich habe mehr und mehr in Jules und Bens Leben hineingefunden und konnte so auch langsam immer stärker mit ihnen mitfühlen. Ab einem bestimmten Punkt passen die verschiedenen Handlungsstränge einfach viel besser zueinander, ergänzen sich geradezu. So fand ich die Story viel realitätsnäher und packender. Des weiteren wirken die einzelnen Teile der Geschichte dann auch für sich viel authentischer. Einen Konflikt, der sich schon lange vor Schluss anbahnt und erst ziemlich spät aufgelöst wird, um wohl noch etwas mehr Drama in die ganze Sache mit hineinzubringen, fand ich allerdings etwas unnötig. Mir war ehrlich gesagt schon ziemlich bald klar, was das Geheimnis hinter dem eigenartige Verhalten einer bestimmten Person (Dschieses, I’m looking at you!) ist und wurde dahingehend auch nicht mehr überrascht. Viel trägt das Ganze in meinen Augen auch einfach nicht zur Geschichte bei.
Letzten Endes konnte mich die Handlung aber doch überzeugen, sie brauchte nur ein wenig „Einlaufzeit“. Das Ende nämlich mochte ich ziemlich gerne. Es gibt – ich denke, das ist jetzt nicht als Spoiler zu werten – ein Happy End, das die Leser*innen zufrieden zurücklässt und trotzdem nicht in Richtung „Friede, Freude, Eierkuchen“ geht.
Auch mit den Charakeren wurde ich mit der Zeit doch noch warm. Ben, vor allem aber Jule, habe ich immer mehr in mein Herz geschlossen und war dann doch etwas traurig, als ich das Buch nach der letzten gelesenen Seite schließen und die beiden und ihre Geschichte verlassen musste. Wie sich die Protagonist*innen innerhalb der in Mein Leben als lexikalische Lücke beschriebenen Monate weiterentwickeln und zu sich selbst finden, ist ganz einfach schön mit anzusehen – oder mitzulesen?
Ähnliches gilt ebenso für die Nebencharaktere. Ich liebe Jules Freundesgruppe! Auch wenn mich einzelne Mitglieder (Dschieses, I’m looking at you!) teilweise sehr aufgeregt haben, sind sie am Ende doch alle absolut sympathisch und liebenswert. Insbesondere Kris mochte ich einfach supersuper gerne, obwohl auch sie natürlich alles andere als perfekt ist. Ich hätte wirklich nichts dagegen, noch ein eigenes Buch über sie (und Lennard?) zu lesen!
Der Schreibstil ist nicht sonderlich poetisch, würde ich sagen. Allerdings passt er perfekt zu den Protagonist*innen, aus deren Sicht die Geschichte ja auch erzählt wird. So hat der Erzählstil von Mein Leben als lexikalische Lücke also doch maßgeblich dazu beigetragen, dass ich mich größtenteils gut in Ben und Jule hineinfühlen konnte.
Mein Fazit:
Mein Leben als lexikalische Lücke ist ein schönes Buch mit liebenswerten Charakteren und einer vielseitigen Handlung. Zu Anfang fiel es mir allerdings eher schwer, in die Geschichte hineinzufinden. Insgesamt ist Jules und Bens Geschichte also definitiv eine Empfehlung, ohne jedoch ein Highlight für mich geworden zu sein. Ich vergebe vier von fünf Teetassen.
Informationen zum Buch:
Titel: Mein Leben als lexikalische Lücke
Autor*in: Kyra Groh
Verlag: Arctis
ISBN: 3038800449
Preis: 18,00 €
Meine Altersempfehlung: ab 14 Jahre
Disclaimer:
Die Rechte am abgebildeten Buchcover liegen beim Verlag.
Miriam
Ich kann dir nur zustimmen! Mit dem Ende war ich aber gar nicht zufrieden, meiner Meinung nach war es noch konstruierter als der Anfang. Naja, vier Sterne (oder Teetassen) auch von mir :))
reading_leni
Ich mochte das Ende, wie ich ja auch geschrieben habe, eigentlich ziemlich gerne. Allerdings kann ich auch nachvollziehen, dass es vielleicht etwas konstruiert erscheint. Am Anfang hat mich das nur sehr viel mehr gestört und zum Schluss wurde es dann davon überlagert, dass das Ganze so schön war. Keine Ahnung, ob man versteht, was ich meine, aber naja …