Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
heute gibt es nach langer Zeit mal wieder eine „richtige“ und wohl auch ziemlich umfangreiche Buchrezension. Ich durfte nämlich den ersten Band von Die Marveller – Magie aus Licht und Dunkelheit, der letzten Monat erst auf Deutsch erschienen ist, lesen (danke an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar). Wenn ihr also mal wieder Lust auf eine zauberhaft-kindliche Fantasygeschichte habt und wissen wollt, wie mir diese hier gefallen hat, dann lest gerne weiter.


Worum geht es?

Als Fabuliererin hat es Ella nicht immer leicht. Von ihrer Familie und ihrer besten Freundin Reagan erhält sie zwar viel Liebe und Unterstützung, von der Gemeinschaft der Marveller, einem magischen Volk, das entweder direkt unter den „normalen“ Menschen, den Simplen, oder aber auch über ihnen haust, konnte man das bisher aber eher weniger behaupten. Nachdem sich Ellas Vater lange dafür eingesetzt hat, auch Fabulierer*innen die Möglichkeit zu verschaffen, das legendäre Arkanum Institut für marvelhaftes und mysteriöses Streben besuchen zu dürfen, wird nun Ella selbst die erste Fabulierer -Schülerin an dieser legendären Schule sein. Doch trotz der immensen Vorfreude und ihrem Ehrgeiz, schlägt Ella von ihren Mitschüler*innen nicht nur Freundlichkeit entgegen und auch außerhalb des Internats gehen gefährliche Machenschaften vor sich, in die Ella immer mehr verstrickt zu werden scheint. Gut, dass es Brigit und Jason gibt, die ihr bald entschlossen zur Seite stehen und ihr helfen, mit all den Problemen fertigzuwerden und gleichzeitig mit ihr diese zauberhaft-leuchtende Welt über den Wolken erkunden …


Meine Meinung:

So, starten wir erstmal mit etwas Positivem: Die Grundidee dieses Buches finde ich nämlich ziemlich toll. Internate – und natürlich erst recht magische – können mich einfach immer begeistern und wenn eine solche Geschichte dann auch noch Sichtbarkeit und Repräsentation schafft, statt Personen, Kinder, die sich oft nicht mit den Charakteren, von denen sie lesen, identifizieren können, sich nicht gesehen fühlen, einfach außenvorzulassen, dann ist das umso besser und umso wichtiger. Dhonielle Clayton hat in Die Marveller eine in meinen Augen wirklich schöne und einnehmende Fantasiewelt geschaffen, denn auch wenn das Ganze eigentlich in unserem Universum, auf unserem Planeten spielt, so fühlt man sich im Arkanum einfach wie in einer anderen Welt, die voll ist von Magie, Marvellicht und Fabulierkunst – also genau das, was ich mir von einer Kinder- oder Jugend-Fantasygeschichte wünsche.

Trotzdem hat mir beim Worldbuilding auch etwas gefehlt. Es gibt so Vieles, so viele Begriffe und Andeutungen werden in den Raum geworfen und das hat definitiv auch sein Gutes. So schafft die Autorin ebendiese heimelige, mysteriöse und zauberhafte Atmosphäre, die mich so an das Buch gefesselt hat.
Zugleich stiftet das aber auch Verwirrung. Ich habe nun, nach dem Lesen, leider immer noch nicht alle Teile der Welt, dieser marvelhaften Gemeinschaft verstanden und das stört mich einfach ein bisschen. Damit will ich gar nicht sagen, dass jedes kleinste Artefakt, jeder kleinste Gegenstand aufs Genaueste analysiert werden und auf jedes verwendete „magische Wort“ eine zwei Seiten lange Erklärung folgen sollte (das wäre dann wohl doch etwas langweilig). Jedoch hatte ich während des Lesens und auch jetzt immer wieder das Gefühl, mit würden wichtige Informationen fehlen, um das Ganze so richtig zu kapieren, so richtig in die Gemeinschaft der Fabulierer*innen und Marveller*innen und ihre Traditionen etc. eintauchen zu können. Infolgedessen wirkte das Magiesystem der Geschichte auf mich teils nicht ganz ausgearbeitet, nicht vollkommen logisch oder zusammenhängend.

Letzteres war leider auch bei der Handlung der Fall. Obwohl ich den Plot insgesamt mochte und er auch die für ein Kinderbuch passende Menge an Spannung, welche aber zugleich nicht die heimelige Stimmung des Ganzen zerstört, bereithält, wirkten einige Aspekte auf mich sehr arrangiert bis hin zu unlogisch. Insbesondere ein Konflikt, der ungefähr zur Mitte des Buches aufkommt und sich bis zum Ende, zum „großen Finale“ hinzieht, hat einfach ein paar Ungereimtheiten, über die ich nicht einfach so hinwegsehen konnte. Auch hier hätte ich mir etwas mehr Ausarbeitung, etwas mehr Zusammenhänge gewünscht.
Zur Story gibt es aber natürlich auch noch mehr Positives zu sagen! Das Ende zum Beispiel fand ich echt super gemacht. Damit meine ich nicht das Ende-Ende, denn wie gesagt hat es da etwas an Logik gefehlt, sondern das Vor-Ende (falls das irgendwie Sinn ergibt). Dort hält Die Marveller nämlich nochmal einen Plot-Twist bereit, der für mich auch wirklich überraschend kam. Wahrscheinlich wäre ich vorher darauf gekommen, wenn ich mir über diesen Handlungsstrang vorher wirklich Gedanken gemacht hätte. Die Autorin hat das hier in meinen Augen aber wirklich gut gemacht und so viel von allen Seiten in die Geschichte miteinfließen lassen, dass ich nicht nur besagte Wendung nicht habe kommen sehen, sondern allgemein an das Buch gefesselt, verzaubert war.
Ein weiterer Pluspunkt, den ich in Bezug auf die Handlung anführen möchte, sind die ein paar wenige Seiten langen Ausschnitte aus der Perspektive einer ganz bestimmten anderen Figur, die immer mal wieder in die eigentlich aus Ellas Sicht erzählte Geschichte eingefügt werden. So wird nämlich Einiges angedeutet, ich als Leserin werde umso gespannter, wie sich das am Ende alles zusammensetzen wird und außerdem erhält man so natürlich auch etwas Abwechslung zu Ellas Perspektive.

Nicht, dass mich die so allgemein gestört hätte. Etwas hat mich an der Protagonistin aber durchaus genervt, und das war ihr oft – Überraschung – unlogisches Verhalten. Ich will hier auch mal ein Beispiel anführen, das, wie ich finde, nicht wirklich spoilert, da sich das Ganze schon ziemlich zu Anfang des Buches ereignet.
Jedenfalls ist Ella neu am Arkanum und möchte Freund*innen finden. Von ihren Zimmergenossinnen wird sie allerdings alles andere als warmherzig aufgenommen und allgemein schlägt ihr mehr Misstrauen und Abneigung als Freundlichkeit entgegen. Trotzdem versucht sie die ganze Zeit, übertrieben nett zu allen zu sein, verzeiht fieses und gemeines Verhalten einfach so und versucht praktisch alles, um gemocht zu werden. Das allein habe ich schon nicht verstanden, aber gut, sie möchte unbedingt neue Freund*innen finden und versucht dafür praktisch alles. Was mich dann aber sehr aufgeregt und eben einfach keinen Sinn ergeben hat, war ihr anfängliches Verhalten gegenüber Jason. Er bietet ihr netterweise seine Hilfe an, ist nicht nur höflich, sondern will sich mit ihr anfreunden, sie im Gegensatz zu denjenigen, bei denen Ella sich anzubiedern versucht, in die Gemeinschaft der Marveller aufnehmen und ist einfach sympathisch. Und was tut Ella? Sie weist ihn alles andere als nett ab, ohne dafür irgendeinen Grund zu haben, motzt ihn regelrecht an. Genau das Verhalten, das ihr von anderen entgegengebracht wird. Und auch wenn Jason und Ella letztendlich doch Freund*innen werden, wird dieses Verhalten nie kritisiert und dass Jason es einfach hingenommen hat, ohne sauer zu werden oder Ähnliches, auch. Das ist in meinen Augen weder logisch, noch lässt es die Protagonistin besonders sympathisch erscheinen.
Davon abgesehen ist Ella aber auf jeden Fall eine mutige, entschlossene Protagonistin, die im Laufe der Handlung immer mehr für sich selbst und ihre Freund*innen einsteht.

Diese mochte ich wirklich gerne und insbesondere Brigit wurde mir bald sympathisch. Man merkt schnell, dass hinter ihrer rauen, oft auch pampigen Fassade viel mehr steckt, ebenso wie schnell klar wird, wie liebenswürdig Jason ist. (Außerdem sind Rotties toll!)
Die anderen Nebencharaktere haben die Geschichte gut ergänzt, auch wenn ich zum Beispiel was Reagan angeht nicht ganz verstehe, wieso sie zu Beginn als absolut beste Freundin und Vertrauensperson Ellas eingeführt wird, dann aber kaum eine Rolle spielt. Klar, sie geht nicht auf die Schule, wo sich die Story größtenteils abspielt, aber bis auf kleine Ausnahmen denkt Ella nicht einmal wirklich an sie. Sie wirkt einfach sehr blass und trägt praktisch nichts zur Handlung bei.

Was den Schreibstil angeht, so konnte mich Dhonielle Clayton mit ihrer bildlichen Sprache überzeugen. Nicht nur passt dieser teils etwas kindliche Erzählstil zur Zielgruppe des Buches, auch erzeugen besondere Metaphern und vor allem Vergleiche eine noch stärkere magische Atmosphäre, die dich als Leser*in richtiggehend in die Geschichte hineinsaugt.

Einen Kritikpunkt habe ich aber noch. Mich hat Die Marveller – Magie aus Licht und Dunkelheit nämlich nicht selten an eine ganz bestimmte andere Buchreihe erinnert, in der es ebenfalls um ein magisches Internat und eine Gruppe von drei Freund*innen geht, die gemeinsam verschiedenste Abenteuer erleben. Okay, wären diese zwei Punkte das Einzige gewesen, was mich hier stark an Harry Potter erinnert hat, dann wäre das wohl kein Problem gewesen. Allerdings kam mir wirklich Einiges recht ähnlich vor. Damit möchte ich keinesfalls behaupten, die Autorin hätte den Großteil ihrer Geschichte abgekupfert. Dass sie sich hat „inspirieren lassen“, war für mich aber doch sehr klar erkennbar. Natürlich hat sie auch sehr viel Eigenes mit hineingebracht, aber in meinen Augen war es Harry Potter letztendlich doch etwas zu ähnlich.

Ich weiß, dass diese Rezension jetzt schon unfassbar lang geworden ist, bei diesem Buch kann ich aber nicht anders und muss noch etwas zur Gestaltung sagen beziehungsweise schreiben. Denn nicht nur das Cover ist einfach unglaublich schön und detailreich gemacht, auch das Innere von Die Marveller ist voll von absolut genial-wunderhübschen Illustrationen. Allein die Karte des „prachtvollen Außengeländes“ zu Beginn des Buches ist schon ein Kunstwerk für sich. Durch diese Illustrationen wird die zauberhafte Stimmung, die ich an dieser Geschichte bekanntermaßen geliebt habe, noch einmal verstärkt und ich hatte beim Lesen fast das Gefühl, das Buch, das ich gerade in der Hand halte, ist magisch. Ich meine: Ein so dicker, schwerer Wälzer mit derart vielen tollen Bildern und Symbolen kann doch eigentlich nichts anderes sein als ein Zauberbuch, oder?

Mein Fazit:

Juhu, wir sind am Ende angekommen! Wahrscheinlich hat sich niemand diese Rezension tatsächlich bis hierhin durchgelesen, aber nun gut … ich fasse mal zusammen: Die Marveller – Magie aus Licht und Dunkelheit – Das gefährliche erste Jahr ist trotz seiner Länge ein eigentlich durchgehend unterhaltsames und magisches Buch mit Wohlfühlfaktor. Was die Logik und Ausarbeitung, sowohl in Bezug auf die Handlung, als auch auf das Worldbuilding angeht, hätte es für mich aber doch noch besser sein können. Das Buch ist keinesfalls schlecht, letztendlich würde ich aber sagen: Kann man lesen, muss man nicht. Ich vergebe drei Teetassen.


Informationen zum Buch:

Titel: Die Marveller – Magie aus Licht und Dunkelheit – Das gefährliche erste Jahr

Originaltitel: The Marvellers

Autor*in: Dhonielle Clayton

Übersetzung: Doris Attwood

Illustration: Nele Schütz Design, Sonja Gebhardt, Svetla Radivoeva, Liz Dresner, Trisha Previte

Verlag: cbj

ISBN: 3570179664

Preis: 16,00 €

Meine Altersempfehlung: ab 10 Jahre


Disclaimer:

Die Rechte am abgebildeten Buchcover liegen beim Verlag.