Walter Moers ist ein Autor, der – zumindest dort, wo ich mich normalerweise rumtreibe – auf Bookstagram eher selten erwähnt wird. Wenn aber mal jemand über seine Bücher spricht, dann ist es ausschließlich Gutes. Vor allem seine Fantasie und der Humor in seinen Werken werden positiv hervorgehoben und als ich erfahren habe, dass auch mein Vater ein großer Fan der Zamonien-Reihe ist, musste ich endlich damit beginnen. Als begeisterte Fantasyleserin wollte ich nämlich unbedingt in den unglaublich besonderen und von Walter Moers eigenhändig (oder eigengeistig?) erfundenen Kontinent abtauchen. Ob Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär wirklich so toll war, wie erwartet? Hier in dieser Rezension verrate ich es … 😉


Klappentext

»Ein Blaubär hat 27 Leben. Dreizehneinhalb werde ich in diesem Buch preisgeben…«, so beginnt der allererste Roman von Walter Moers. Man schrieb das Jahr 1999, als der berühmte Käpt´n Blaubär seine halbe Lebensgeschichte vorlegte. Darin geht es um Zwergpiraten, Klabautergeister, Waldspinnenhexen, Tratschwellen, Stollentrolle, Finsterbergmaden, eine Berghutze, einen Riesen ohne Kopf, einen Kopf ohne Riese, schlafwandelnde Yetis, einen ewigen Tornado, Rikschadämonen, einen Prinz aus einer anderen Dimension, einen Professor mit sieben Gehirnen, denkenden Sand, eine kulinarische Insel, Kanaldrachen, dramatische Lügenduelle, Nattifftoffen, viereckige Sandstürme, eklige Kakertratten, das Tal der verworfenen Ideen, Horchlöffelchen, Zeitschnecken, Olfaktillen, einen Malmstrom, tödliche Gefahren, ewige Liebe, Rettungen in allerletzter Sekunde – und vieles andere mehr. (Quelle: www.penguinrandomhouse.de)


Meine Meinung

Gestaltung:

Naja, das Cover ist hier wohl nicht so besonders … wirft man allerdings mal einen Blick in das Buch hinein, dann sieht das schon ganz anders aus!
Walter Moers ist – und das wusste ich bis vor kurzem (auch) noch nicht – wohl nicht nur ein bekannter Autor, sondern auch ein beliebter Comiczeichner. Das erklärt dann natürlich, dass er seine Bücher selbst illustriert – und das auch noch in seinem ganz eigenen und besonderen Stil, der es mir nicht nur leicht gemacht hat, mir all die ungewöhnlichen in Zamonien und Umgebung heimischen Wesen und auch ganz einfach Zamonien und Umgebung selbst vorzustellen, sondern mir auch das ein oder andere Schmunzeln entlocken konnte. Abgesehen von zwei Karten vorne und hinten im Buch gibt es nämlich auch alle paar Seiten Illustrationen von – nunja – sehenswürdigen Dingen und Personen?,Tieren?, Fabelwesen? Ach, keine Ahnung, wie ich diese Gestalten bezeichnen soll … Lest das Buch einfach und seht sie euch selbst an!

Handlung:

Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär ist – das könnte man aus dem Titel auch bereits erahnen – in 14 oder … naja … eigentlich ja 13 1/2 Kapitel ausgeteilt. Jedes davon beschreibt dann ein beziehungsweise ein halbes Leben von Blaubär, dem Hauptprotagonisten (ebenfalls sehr leicht aus dem Buchtitel abzuleiten). Die 13 1/2 Leben sind mehr oder weniger (eher mehr als weniger, aber gut) mit 13 1/2 Geschichten gleichzusetzen, die sich alle hintereinander abspielen. Es geht also in jedem Kapitel um etwas anderes, immer mal wieder werden aber plötzlich Zusammenhänge zwischen verschiedenen „geschichtenübergreifenden“ Dingen klar, vor allem natürlich am Ende. Das fand ich offensichtlichweise ziemlich gut. Immerhin mag ich es immer gerne, wenn sich ein roter Faden durch ein Buch durchzieht, insbesondere, wenn man das erst nach einer bestimmten Zeit merkt und es somit meist unerwartet kommt. Es war außerdem auch so, dass schon Dinge passiert beziehungsweise Personen vorgekommen sind, die in den weiteren Bänden der Zamonien-Reihe noch wichtig(er) werden. Dort geht es dann zwar eigentlich nicht mehr um Blaubär, aber eben beispielsweise um Charaktere, die Blaubär in einem oder mehreren seiner Leben trifft. Das hat mir dann auch ziemlich gut gefallen und ich freue mich schon darauf, in den kommenden Büchern altbekannte Namen oder ähnliches zu entdecken und darüber lächeln (oder vielleicht auch aggressiv werden) zu können.
Was die Spannung betrifft ist es hier aber leider so, dass die eher weniger vorhanden war. Hin und wieder vielleicht ein wenig, beispielsweise am Ende, doch nie so richtig. In anderen Büchern habe ich schon oft um einiges mehr mitgefiebert und das war hier eben selten bis überhaupt nicht der Fall. Dabei sind schon viele Dinge geschehen, die eigentlich spannend wären, aber mich hat das aus irgendeinem Grund nicht packen können. Es war wohl nicht spannend genug für mich …

Charaktere:

Erstmal: Malter Moers hat hier, was die Vielfältigkeit der verschiedenen Wesen – oder wie wäre es mit Lebensformen? – angeht, ein Meisterwerk geschaffen. Es gibt so unglaublich viele Charaktere, die vorkommen. Teilweise werden sie nur mal kurz in einem Halbsatz erwähnt, doch allein wenn man die Namen hört, denkt man sich oft nur „WTF?“ Das dann aber definitiv auf eine (sehr!!!) gute Weise. Denn wenn Walter Moers eines kann, dann defintiv, sich etwas ausdenken. Das klingt zunächst mal nach nichts besonderem, da es hier ja um dem Autor eines Fantasyromans geht. Aber solche Dinge, wie sich Walter Moers hier ausgedacht hat, habe ich wirklich noch nirgend vorher gelesen (ich meine: Zwergpiraten, ein Tyrannowalfisch Rex, Tratschwellen, Rettungssaurier, …).
Trotzdem war es so, dass die Charaktere, was ihre Eigenschaften beziehungsweise ihre Persönlichkeiten anging, meistens sehr blass wirkten. Sie waren für mich ziemlich unnahbar und ich konnte zu (so gut wie) niemandem eine Bindung aufbauen, was ich bei Büchern immer extrem wichtig finde. Es wurden außerdem einige Klischees, zum Beispiel was die Geschlechterrollen angeht (Frauen interessieren sich nur für Liebesgeschichten, Männer wollen ausschließlich Spannung, …) benutzt, was mich leider wirklich genervt hat. Auch den Hauptprotagonisten selbst, Blaubär, konnte ich, ehrlich gesagt, nicht wirklich leiden. Er wirkte auf mich im einen Moment sehr naiv, dann außerordentlich unterbelichtet, im nächsten Moment ohne Grund aber plötzlich ziemlich klug, danach eingebildet wie sonst noch was und später wieder überfreundlich. Im Großen und Ganzen kann ich also leider nur sagen, dass ich mit ihm – sowohl was seine Persönlichkeit, als auch was seine Authentizität angeht – wirklich nicht klargekommen bin. Positiv hervorheben muss ich allerdings wiederum, dass ich das Buch wirklich mochte, obwohl ich mit der Person, um die es die gesamte Zeit ging, so meine Probleme hatte. Denn es gab eben auch Charaktere – Prof. Dr. Abdul Nachtigaller, Deus X. Machina, Qwert Zuiopü, … – die ich wirklich gerne mochte und bei denen ich mich immer sehr gefreut habe, wenn sie mal wieder aufgetaucht sind. Und ja, die Namen habe ich richtig geschrieben. Die heißen wirklich so und glaubt mir: Es gibt noch wesentlich kuriosere Namen (und Wesen) in diesem Buch! 😉

Schreibstil:

Der Erzählstil ist hier – wie eigentlich fast alles – einzigartig. Und zwar auch GUT einzigartig. Das Worldbuilding in Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär ist einfach grandios. Ich meine … bei der Handlung und den Charakteren habe ich ja schon davon geschwärmt, aber ich muss es trotzdem nochmal betonen: Walter Moers ist, was den Aufbau von Fantasiewelten angeht, nichts anderes als ein Genie!!!! Das klingt jetzt vielleicht ein ganz klein wenig dramatisch, aber meiner Ansicht nach entspricht es definitiv der Wahrheit. An sich könnte man sagen, dass alles in diesem Buch nur Quatsch ist und das stimmt sogar irgendwie. Aber dieser Quatsch hängt überall zusammen und gibt letztendlich Sinn. Keine Ahnung, ob man versteht, was ich sagen will. Falls nicht, dann lest einfach das Buch, dann versteht ihr es hoffentlich.
Auch an Humor fehlt es Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär nicht im Geringsten. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, wo ich so viel gelacht habe. Ganz ehrlich.
Übrigens gibt es immer mal wieder Auszüge aus dem Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller. Dort werden dann – welch Überraschung – die erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung erklärt. Das aber natürlich auch auf Walter-Moers-Art beziehungsweise Prof.-Dr.-Abdul-Nachtigaller-Art. Schwer zu erklären, deshalb hier wieder meine Bitte: Lest einfach das Buch!

Fazit

Ich bin soso froh, endlich mal ein Buch von Walter Moers gelesen zu haben und es wird auch definitiv nicht das letzte sein. Eine fantastischere, aber gleichzeitig auch so unfassbar witzige Welt, in der auch alles irgendwie zusammenhängt, habe ich in noch, naja … so eigentlich in überhaupt keinem Buch gelesen. Denn Zamonien ist eben etwas ganz besonderes (so könnte man diese viel zu lang geratene Rezension auch einfach in einem Satz zusammenfassen, aber gut). Es gibt zwar auch ein paar Kritikpunkte, wie die nicht vorhandene Charakterentwicklung, die fehlende Spannung, die eingebundenen Klischees und den mir ziemlich unsympatischen Protagonisten, aber das Worldbuilding und der Erzählstil im Allgemeinen machen das beinahe (!) wieder wett. Trotzdem kann ich hier nicht ganz 5 Teetassen vergeben, sondern ziehe 1,5 ab. Immerhin soll der Rest der Zamonien-Reihe noch besser sein, also muss die Bewertung noch steigerungsfähig sein …


Informationen zum Buch

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käp’n Blaubär

Autor: Walter Moers

Seitenzahl: 720

ISBN: 3328601201

Verlag: Penguin Verlag

Reihe: Zamonien-Reihe/ Band 1

Meine Altersempfehlung: ab 12 Jahre


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