Hallo Bücherfreund*innen und Teeliebhaber*innen,
in den letzten Wochen durfte ich wieder an einer Leserunde der Lesejury teilnehmen – zu einem Buch voll Ehrlichkeit, Witz und Liebe. Gut, damit hätten wir den Kitsch für diesen Beitrag schonmal abgehakt (das stimmt nicht, es kommt mit Sicherheit noch mehr), aber ich finde, das fasst Fünfzehn Tage sind für immer einfach sehr gut zusammen. Falls euch diese drei Wörter aber völlig unverständlicherweise noch nicht vollends überzeugen sollten, Felipes Geschichte zu lesen, dann lest doch zunächst diese Rezension.


Klappentext:

Der 17-jährige Felipe ist nicht mollig oder hat schwere Knochen. Nein, er ist da ganz realistisch: Felipe ist dick. Deswegen braucht er auch niemanden, der ihn daran erinnert – was seine Mitschüler trotzdem nicht davon abhält. Zum Glück sind bald Ferien! Endlich Ruhe und Zeit für Felipes Lieblingsbeschäftigungen: Serien schauen und ganz viel lesen. Aber dann kommt alles ganz anders, denn seine Mutter eröffnet ihm, dass Nachbarsjunge Caio die nächsten fünfzehn Tage bei ihnen wohnen wird. Felipe ist verzweifelt, denn a) ist er total in Caio verliebt seit … na ja … immer; und b) ist Felipes Liste an Unsicherheiten unendlich lang. Wie soll er da bloß die Ferien mit seinem Schwarm überleben? (Quelle: www.luebbe.de/one )


Meine Meinung:

In Fünfzehn Tage sind für immer begleiten wir Felipe in seinen Winterferien und dabei auch auf seiner Reise zu sich selbst. (Ich sagte doch, es kommt noch mehr …) Dabei habe ich ihn schnell ins Herz geschlossen, denn Felipe ist einfach die Liebenswürdigkeit in Person. Von der ersten Seite an haben wir mit ihm einen Hauptcharakter, der uns seine Geschichte nicht nur amüsant und unterhaltsam erzählt, sondern dabei auch zu hundert Prozent ehrlich ist. Dadurch, dass Felipe zumindest vor den Leser*innen, aber auch immer mehr vor sich selbst und anderen zugibt, was ihn beschäftigt und ganz allgemein, wer er ist, und das vollkommen offen und nicht selten auch offenkundig verwirrt und unsicher, gehört er zu den authentischsten, nachvollziehbarsten und somit sympathischsten Buchcharakteren, die ich kenne.

Bei den Nebencharakteren ist das natürlich nicht anders. Dabei stehen vor allem Felipes Mutter und natürlich Caio im Vordergrund und beide sind einfach toll. Die Beziehung zwischen Felipe und seine Mãe wirkt zu Beginn vielleicht etwas irritierend, ist aber letztlich einfach süß und charakteristisch für die ganze Geschichte. Für mich kommt unter anderem dadurch immer eine Art positive Grundstimmung rüber, obwohl auch durchaus ernstere Themen behandelt werden.

Dass Caio in meinen Augen ebenfalls eine wundervoll realistische Figur darstellt, überrascht dann wohl niemanden mehr. Als „Love Interest“ der Geschichte erfährt man nicht gleich zu Anfang alles über ihn, sondern lernt ihn gemeinsam mit Felipe nach und nach kennen. Dass Caio in der ersten Szene, in der wir ihm begegnen, mit Kopfhörern auf den Ohren und nicht dem geringsten Interesse für die Außenwelt seine Nase im ersten Herr der Ringe-Band vergräbt, sagt wohl schon einiges über ihn aus – und ist auch ein gutes Beispiel dafür, wieso ich ihn sofort leiden konnte.

Neben diesen drei Personen lernen wir aber natürlich noch ein paar andere kennen – sympathische und … weniger sympathische. Die stehen zwar nicht im Fokus der Geschichte, tragen aber ganz klar ihren Teil dazu bei und vervollständigen sie. Insbesondere Beca und Melissa, über die ich aus Spoiler-Gründen nichts Genaueres erzählen möchte, die wir aber im Laufe des Buches kennenlernen, sind einfach genial. Obwohl sie nur vergleichsweise wenig Raum einnehmen, sind ihre Charaktere gut ausgearbeitet und tiefgründig – so tiefgründig, dass ich definitiv nichts dagegen hätte, in einem weiteren Band mehr über sie zu erfahren und gleichzeitig nicht der Meinung bin, dieser Story würde etwas fehlen, weil nicht über jede Einzelheit aus den Leben der zwei berichtet wird.

Dennoch hatte ich das Gefühl, der Geschichte fehle etwas. Der Satz steht hier allerdings vor allem aus Übergangs-Gründen, zuerst habe ich nämlich noch etwas Positives zu sagen:
Fünfzehn Tage sind für immer
spricht einige schwerere und zum Teil auch wirklich berührende Themen an. Dabei geht es, wie es im Klappentext schon steht, zum Beispiel um Felipes Dicksein und um Mobbing. Das ist aber lange nicht alles, denn Vitor Martins setzt sich in diesem Buch mit mal mehr, mal weniger alltäglichen Gedanken und Gefühlen, Problemen und Ängsten von Jugendlichen und bestimmt auch vielen anderen Menschen auseinander. Dabei steht die Selbstannahme, die Selbstliebe, im Vordergrund und das auf verschiedenen Ebenen. Neben den bereits in der Inhaltsangabe angeklungenen Punkten, thematisiert der Autor auch Homophobie und psychische Probleme, die Bedeutung von Familie und Freundschaft, und schafft so eine Geschichte, die mich wirklich abholen konnte. Nicht selten konnte ich mich überraschend gut mit Felipe identifizieren, was das Lesen – Kitsch incoming – zu einem ermutigenden, warmen Erlebnis gemacht hat. Und auch die Bereiche, in denen ich mich nicht direkt wiederfinden konnte, werden so offen, so nachvollziehbar und berührend geschildert, dass ich mich nicht selten wie ein Teil der Story gefühlt habe.

Wie angeteasert gibt es im Bezug auf die Handlung aber auch einen Punkt, der mich gestört hat: Das Ende. Da eben einige komplexe, emotionale Themen behandelt werden – sowohl auf Felipes als auch auf Caios Seite –, halte ich es auch für wichtig, das Ganze realistisch „aufzulösen“. Und das kommt mir hier zu kurz. Natürlich ist nicht ganz plötzlich alles Friede, Freude, Eierkuchen und alle Probleme und negativen Emotionen auf einmal weg. Es wird durchaus klar, dass die Charaktere auch nach Ende des Buches noch einen weiten Weg zu gehen haben, aber nicht so, wie die Geschichte es meiner Meinung nach gebraucht hätte. Es kam mir so vor, als wollte der Autor einzelne Konflikte auf den letzten Seiten noch schnell lösen, um dem Ganzen ein Happy End zu verpassen und die Story gut abzuschließen. An sich ist das natürlich nicht schlecht, die „Lösungen“ sind aber keine wirklichen, kein „Jetzt ist alles gut!“, und das wird in meinen Augen nicht ausreichend klargemacht.

Jetzt fällt mir leider kein passender Übergang ein, widmen wir uns also einfach dem Schreibstil. So viel muss ich dazu wohl gar nicht mehr sagen, denn ich habe ja bereits oben klargemacht, was für ein humorvoller Charakter Felipe ist. Da er die Geschichte erzählt, hat sie mich dementsprechend nicht selten zum Grinsen gebracht. Das erzeugt eine locker-leichte, fast sommerliche Stimmung zum Wohlfühlen. Auch fühlt sich der Erzählstil sehr persönlich an, falls man das so ausdrücken kann. Ich hatte das Gefühl, in Felipes Kopf zu sein, ihn tatsächlich zu kennen. Natürlich ist das bei Protagonist*innen eigentlich immer erwünscht, Vitor Martins ist das aber einfach erwähnenswert gut gelungen. Obwohl ich ein großer Fan von ausschweifenden Beschreibungen und Metaphern bin, beweist der Autor hier, dass keine große Poetik nötig ist, um eine Geschichte anschaulich und realistisch darzustellen.

Mein Fazit:

Fünfzehn Tage sind für immer überzeugt mit Authentizität und Offenheit, mit sympathischen Charakteren und einer ebenso locker-leichten, wie auch ernsteren Story. Egal ob ihr ein Buch zum Bingen oder zum Jeden-Tag-ein-paar-Seiten-Lesen sucht, dieses hier ist perfekt, um euch ein gutes Gefühl zu geben. Ich vergebe vier Teetassen.


Informationen zum Buch:

Titel: 15 Tage sind für immer

Originaltitel: Quinze Dias

Autor*in: Vitor Martins

Übersetzung: Svantje Volkens

Verlag: One

ISBN: 3846601519

Preis: 12,99 €

Meine Altersempfehlung: ab 13 Jahre


Rezensionsexemplar – Meine Meinung wurde dadurch natürlich nicht beeinflusst. 🙂


Disclaimer:

Die Rechte am abgebildeten Buchcover liegen beim Verlag.